Betrunkene Bäume
Und darum geht's:
„Kraftlos ließ er sich auf die Matratze fallen und legte den Kopf auf das Kissen. Durch die weit geöffneten Fenster drang die warme, duftende Sommerluft und bewegte die Blätter über seinem Kopf. Erich schloss die Augen und lauschte für einige Sekunden dem leisen Knistern, das die Äste an der Tapete erzeugten. Der Stamm reichte bis zur Decke und sorgte dafür, dass die Krone sich fächerförmig ausbreitete. Erich liebte den Geruch der Pflanzen, er erleichterte ihm den Schlaf. Seit die Nachbarin unter ihm gefragt hatte, ob auch er ein Problem mit feuchten Decken habe, war er noch vorsichtiger geworden. Niemand sollte ihm seinen Wald nehmen. Es war alles, was er noch hatte.“
Erich ist über achtzig und verliert Stück für Stück seine Unabhängigkeit. Außerdem trauert er um die Liebe seines Lebens. Als junger Forscher hatte Erich eine Expedition in die Taiga unternommen. In jener Zeit hat er Schuld auf sich geladen, die bis heute nachwirkt und Erich vereinsamen lässt. Dann jedoch tritt die 17-jährige Katharina in sein Leben. Sie ist von zu Hause ausgerissen, als ihr Vater die Familie verlassen hat.
Die Autorin Ada Dorian schrieb diese die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft, die um Schuld und Verrat, um Heimat und Entwurzelung kreist. Dieses Buch wird in der Fachwelt als kleines Juwel gehandelt ... aber: Puh, keine leichte Kost und das Buch lässt einen traurig zurück – und auch so schnell nicht los. Es regt dazu an, sein eigenes Dasein zu reflektieren. Ich habe ehrlich gesagt schwer hineingefunden, dann hat es mich kurz mitgerissen und am Ende grübelnd ausgespuckt. Allerdings fehlt an einigen Stellen der Tiefgang und ich fühlte mich etwas alleine gelassen. Die Nebenfiguren könnte man noch weiter ausarbeiten und Erich hätte ich auch noch gerne ein bisschen länger begleitet und ihn besser kennenlernen wollen. Das Cover allerdings ist toll und aufwändig gemacht. Denke, es bleibt auf alle Fälle als Hingucker in meinem Regal stehen. Verschenkt habe ich es auch schon. Es sei gewarnt: Das liest man nicht mal eben bei.
Bei meinen Internetrecherchen stieß ich auf den Kommentar von einem Xirxe, der schreib: Übrigens, die „Betrunkenen Bäume“ gibt es tatsächlich, wenn auch nicht in Sibirien. Doch einen Wald mit solchen Bäumen gibt es am Kurischen Haff. Fand ich eine nette Anekdote :-)
Ada Dorian, geboren 1981, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie. Sie forschte in Osnabrück über Erich Maria Remarque, wo sie nach langem Aufenthalt in Hamburg lebt. Sie gewann den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg 2009, ist Trägerin des Literaturstipendiums des Landes Niedersachsen 2016 und war nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016.
Fazit: Für mich war es thematisch zu schwer. Also - nicht im Sinne von schwierig. Aber traurig. Und irgendwie habe ich in letzter Zeit ziemlich viele, traurige Bücher gelesen. Vielleicht liegt es genau an diesem Umstand, dass es nicht mein Lieblingsbuch geworden ist. Vielleicht aber auch an der etwas alltäglichen Sprache, die ich jetzt persönlich wenig poetisch fand.
Facts:
Verlag: Ullstein
ISBN: 13 9783961010011
Preis: 18,00 Euro
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